Jüdische Gemeinde

Seit 1864 hatte die kleine Dülmener jüdische Gemeinde an der Münsterstraße eine eigene Synagoge und unterhielt für die religiöse Unterrichtung der Kinder einen Lehrer.
1933 waren beim Dülmener Einwohnermeldeamt 67 jüdische Bürger (26 Männer, 30 Frauen, 11 Kinder unter zehn Jahren) registriert. Allein sechs Dülmener Juden waren wie Louis Pins Viehhändler. Gerade im Viehhandel war ein vertrauensvoller Umgang mit der meist bäuerlichen Kundschaft unabdingbar: ein Beleg dafür, dass die alteingesessenen „Landjuden“ des Münsterlandes in ihrer Umgebung – trotz gegenteiliger Stereotypen – ein hohes Ansehen genossen. Auch in Dülmen und Umgebung machten sie ganz selbstverständlich etwa im Männergesangsverein oder bei den Schützen mit. Die jüdischen Familien waren auf vielfältige Weise ins gesellschaftliche Leben integriert.
Umso unbegreiflicher, wie sich seit der „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten die Stimmung gegenüber jüdischen Mitbürgern aufheizte. Öffentliche Diffamierungen, Boykottaufrufe, behördliche Schikanen und gesetzliche Ausgrenzungen nahmen an Schärfe und Unmenschlichkeit zu. 1937 wurde der jüdische Friedhof am Lüdinghauser Tor eingeebnet. Jüdische Geschäfte sahen sich genötigt zu schließen; manche Familie entschloss sich, aus Dülmen wegzuziehen.
Bis zum 9. November 1938 war die Dülmener jüdische Gemeinde auf 45 Personen (18 Männer, 22 Frauen, 5 Kinder) zusammengeschmolzen. An diesem Tag erlangten die von den Nationalsozialisten als „Reichskristallnacht“ inszenierten Ausschreitungen einen neuen Höhepunkt an Grausamkeit.