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Archiv 2023

FBS Dülmen besucht Kriegsgräberstätte. 

„Wir werden uns dem Schicksal hinter den Kreuzen zuwenden“, sagt die frühere FBS-Leiterin Irmgard Neuß mit Blick auf die über 30.000 Grabkreuze der niederländischen Kriegsgräberstätte Ysselsteyn. Die Rede ist von der FBS-Exkursion am 30. September in die Niederlande. Unter den in den Niederlanden gefallenen deutschen Soldaten befinden sich auch vier Dülmener, darunter Josef David (1925-1944). „Die unvorstellbaren Zahlen der Kriegstoten bleibt ohne Aussagekraft, wenn sie nicht mit konkreten Einzelschicksalen in Verbindung gebracht werden“, meint Pfarrer Markus Trautmann, der die Tour begleiten wird. Zugleich räumt er ein: „Es sind nur noch schmale Spuren, die nach rd. 80 Jahren zu den damaligen Schicksalen hinführen.“ Als Trautmann vor knapp zehn Jahren eine Radtour mit Jugendlichen vorbereitete, die in den Osterferien 2014 von Dülmen eben nach Ysselsteyn führte, kam er auch mit Margret Seine (1934-2017) ins Gespräch, die jüngere Schwester von Josef David. Dieser war gerade 19 Jahre alt, als er im Sommer 1944 in ein Panzergrenadier-Regiment einrücken musste. Ein Foto zeigt den Jugendlichen mit fast kindlichem Gesicht in einer Kluft des Reichsarbeitsdienstes (RAD), der damals häufig dem Wehrdienst voranging. „Er war mein Lieblingsbruder“, erzählte Margret Seine irgendwann vor Ostern 2014. „Ich sehe noch genau, wie er das Haus verließ und wir alle auf der Straße ihm hinterher winkten.“ Ihren letzten Eindruck konnte sie auch nach Jahrzehnten nur unter Tränen schildern: „Er hat sich gar nicht mehr umgedreht und nicht zurück gewunken…“

Foto: privat

Diese Ausstellung hat es verdient, ein breites Publikum zu erreichen und viele Menschen im Münsterland zu faszinieren: Das Coesfelder Stadtmuseum „Das Tor“ am Rande der Altstadt. Es befindet sich im historischen Walkenbrückentor an der Berkel-Umflut (Mühlenplatz 3, 48653 Coesfeld). In eher kleinen Kabinetträumen ist es der Firma „Kessler&Co“, deren Kernkompetenz und Geschäftsmodell die Konzipierung von Ausstellungen und das Arrangement von Wissenstransfer ist, gelungen, verschiedene Epochen und Themenschwerpunkte der mehr als 1000jährigen Coesfelder Geschichte in Szene zu setzen. „Ein schlüssiges szenografisches Konzept, das Orientierung und Dramaturgie bietet, und ein guter Mix von Medien sind wichtige Zutaten für eine erlebnisreiche Ausstellung“, so das Selbstverständnis von „Kessler&Co“ in einem Internetauftritt. „Bei uns steht die originale Begegnung und aktive Auseinandersetzung mit dem Thema im Mittelpunkt. Wir inszenieren Räume, eröffnen neue Perspektiven und sprechen alle Sinne an. Die Flut von Fachwissen filtern wir durch didaktische Reduktion und ein gestaffeltes System von spielerisch zu erarbeitenden Erkenntnissen.“ Insbesondere die NS-Zeit und der Zweite Weltkrieg werden anschaulich und eindrucksvoll vor Augen gestellt. Insbesondere der Bombenkrieg und die Zerstörung Coesfelds werden durch original Fliegerbomben und andere Relikte thematisiert – in einer Offenheit, wie sie viele Zeitgenossen andernorts gern tabuisieren. Ein eigener Raum widmet sich der Geschichte der Coesfelder Juden und dem Untergang der jüdischen Gemeinde. Das Museum „Das Tor“ ist am Samstag und Sonntag jeweils zwischen 14.00 und 17.00 Uhr geöffnet.

Fotos: Stadtmuseum Coesfeld und privat

In einer langjährigen und spektakulären Recherche hat der Roruper Heimatforscher Ortwin Bickhove-Swiderski eine seit 95 Jahre kolportierte „Legende“ als klare Geschichtsfälschung entlarvt: Mit ihr wollte die NSDAP in Haltern und darüber hinaus den SA-Mann Bernard Gerwert (1901-1928) zu einem Opfer eines politischen Mordes durch Kommunisten stilisieren. Die Dülmener Zeitung vom 5. August >>> berichtet ausführlich.

Bilder: Der Roruper Ortwin Bickhove-Swiderski (l.,Foto: DZ/Ingrid Wielens) hat viele Jahre zum Leben des Sythener „Blutzeugen“ Bernard Gerwert geforscht. (Foto: Archiv Bickhove-Swiderski)

Auch die Dülmener Stadtbücherei hat die Biographie des am 28. Juli verstorbenen Schriftstellers Martin Walser (1927-2023) aus der Feder des gebürtigen Dülmeners Ralf Oldenburg in ihrem Bestand: „Wort-Gewänder: Eine Biographie in Szenen“, so lautet der Titel des 2003 erschienen Buches. „Walser hatte eine unglaubliche Schaffenskraft, bis ins hohe Alter hat er Werke veröffentlicht“, würdigt Florian Kübber, Vorsitzender von „ex Libris“, dem Förderverein der Stadtbücherei Dülmen. „Die Liebe zur Literatur und die Darstellung einer differenzierten, auch kritischen politischen Meinung verbindet mich in kleinen Stücken sicherlich mit dem Autor“, so Kübber.

Gleichwohl führte die „kritische politische Meinung“ zu einem beispiellosen Eklat, nämlich als Walser am 11. Oktober 1998  in der Frankfurter Paulskirche der „Friedenspreis des deutschen Buchhandels“ verliehen wurde und er daraufhin eine Dankrede hielt. Seine damaligen Ausführungen zum Umgang der Deutschen mit ihrer Geschichte lösten heftige Irritationen aus: So dürfe man „Auschwitz“ nicht als „Moralkeule“ gebrauchen; der Holocaust sei nicht geeignet, „um für gegenwärtige Zwecke instrumentalisiert zu werden“, auch wenn diese an sich gut seien. Während manche Kritiker durch diese Rede in Martin Walser den Wegbereiter eines intellektuellen Rechtspopulismus sahen, bemühte sich Walser, den Kontext zu erläutern: In einem Gastbeitrag für die WELT AM SONNTAG rd. 20 Jahre später bezeichnet er sein Verhalten bei und nach seiner umstrittenen Paulskirchenrede im Jahr 1998 als „Fehler“ und „menschliches Versagen“. Als er damals von der „Instrumentalisierung unserer Schande zu gegenwärtigen Zwecken“ sprach, habe er die deutschen Intellektuellen Günter Grass und Walter Jens und ihre Haltung zur deutschen Wiedervereinigung gemeint, ihre Namen aber nicht genannt und so das Missverständnis zugelassen, er spreche von jüdischen Organisationen. „Inzwischen kann ich nur noch bedauern, was ich da angerichtet habe durch das Nicht-Nennen der Instrumentalisierer“, schrieb Walser am 20. Mai 2018. „Und noch schlimmer: durch den Polemikskandal war ich so verkrampft und konnte die großmütige Geste zur Versöhnung von Ignaz Bubis im Dezember des Skandaljahres nicht annehmen. Das war von allen Fehlern, die mir passiert sind, der schlimmste. Und Fehler ist ein zu leeres Wort für das, was ich da geschehen ließ. Es war Versagen. Menschliches Versagen. Da bleibt nur bedauern, bedauern, bedauern.“

Sicherlich hätten die Zusammenhänge von vornherein besser verdeutlicht werden müssen, als Walser von der "Instrumentalisierung des Holocaust" sprach, findet Florian Kübber. Und in einem gewissen Sinne gebe es ja auch eine vernünftige „Instrumentalisierung“, eben gerade bei Themen wie der Aufarbeitung des Holocaust oder der Frage, wie die Erinnerung an das Geschehene wachgehalten werden könne. „Dazu braucht man die Bilder aus einem KZ und kann sich auch vor so Bildern nicht verstecken“, meint Kübber. „An der Rede wird aber für mich immer wieder bewusst, wie wichtig die Kommunikation ist“, resümiert Florian Kübber, „also dass der Sender und der Empfänger auf der gleichen Ebene kommunizieren und es nicht Interpretationsspielräume gibt, die dann divergent ausgelegt werden können.“

Der Germanist und freie Autor Ralf Oldenburg, der in Dülmen die Anna-Katharina-Emmerick-Grundschule und das Clemens-Brentano-Gymnasium besuchte, resümiert: „Walser gilt in Teilen der öffentlichen Meinung als Scharfmacher und Revisionist, als vielfach gebrochener Seelenergründer und Dichtergrübler, als politischer Querdenker und Bauernbub.“

 

Foto: Dülmener Zeitung

Seit geraumer Zeit verunstalten kleine Hochglanzaufkleber Straßenlaternen oder Haustüren in Dülmen. „Archäologen raus aus Dülmen“, so lautet die Botschaft. Das hier gezeigte Bild entstand am Treppengeländer an der Freitreppe von der Marktstraße zum Kirchplatz von St. Viktor. „Der traurige junge Mann auf dem Aufkleber ist vielleicht kein alteingesessener Dülmener“, so vermutet Pfarrer Markus Trautmann, „womöglich hat er bislang noch keine innere Beziehung zu unsere Stadt gefunden. Sonst wüsste er um die Bedeutung geschichtlichen Wissens für ein gesundes lokalpatriotisches Selbstbewusstsein, das uns nicht zuletzt die Archäologie vermittelt.“ Der Pfarrer bedauert die Anonymität der Angriffe, gern würde er den Austausch suchen. Und noch etwas anderes sei verstörend: „Es ist hierzulande eigentlich Konsens, auch die Leistungen der weiblichen Fachkräfte zu würdigen. Warum werden nicht die vielen engagierten Archäologinnen genannt?“


Foto: Christoph Fehmer

Rechtzeitig zur Frankfurter Buchmesse (18.-21. Oktober) wird der interessierten Öffentlichkeit ein neues Kinderbuch vorgelegt: „Ein besonderer Schatz“, so lautet der Titel, ergänzt um den Untertitel „Eine Erinnerung an die Dülmener Familie Pins“. Die Grafikerin Bärbel Stangenberg illustriert darin die Geschichte von Gerard dem Ausgräber, der in Dülmen einen interessanten Fund macht. Er nimmt kleine und große Leser mit unter die Erde und in die Geschichte der Familie Pins. Damit man spürt: Die Geschichte ist zwar lange her, aber nicht weit weg. „Das Buch will für den Wert eines funktionierenden historischen Gedächtnisses sensibilisieren“, erklärt der Dülmener Pfarrer Markus Trautmann. Die Layouterin Christiane Daldrup ergänzt: „Es ist auch eine Würdigung der Leistungen heutiger Archäologie, entgegen aller wohlfeilen gegenteiligen Ressentiments.“

Bild: © Bärbel Stangenberg 2023

Im Rahmen des Deutschunterrichts beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler der Klassen 7a, 7b und 7c der Hermann-Leeser-Schule in den vergangenen Wochen mit dem Roman "Und im Fenster der Himmel" von Johanna Reiss, in dem die Autorin ihre Kindheitserinnerungen verarbeitet: Als jüdisches Mädchen überlebte sie die Zeit des Nationalsozialismus versteckt auf einem kleinen Bauernhof in den Niederlanden. 
Nun machten sie sich auf nach Winterswijk, um dort Näheres über Johanna Reiss, aber auch das Judentum zu erfahren. Die Schülerinnen und Schüler besichtigten zunächst die Synagoge, wo viel Wissenswertes über das Judentum vermittelt wurde. So erfuhren die interessierten Jugendlichen beispielsweise, wie eine Tora hergestellt wird oder was es eigentlich bedeutet, koscher zu leben. 
Anschließend wurde die Stadt erkundet - auf den Spuren von "Annies" Leben: Einzelne Stationen waren beispielsweise der Bahnhof, an dem die Deportationen stattfanden, das ehemalige Wohnhaus der Familie de Leeuw, in dem Annie aufwuchs und auch das Rathaus sowie das Haus des Bürgermeisters. Am Denkmal für die ermordeten Juden entdeckten die Schüler und Schülerinnen zahlreiche Familiennamen, die ihnen bereits beim Lesen des Romans begegnet waren. Bevor es zurück nach Dülmen ging, gab es dann noch die Möglichkeit, Winterswijk auf eigene Faust zu erkunden ... Ein spannender, interessanter Tag, der sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben wird!.

Quelle: Hermann-Leeser-Schule Dülmen

 

Am Samstag, 10. Juni 2023, unternahmen 35 Personen mit der Familienbildungsstätte (FBS) Dülmen eine Exkursion in die Nordeifel. Ein Höhepunkt war der Besuch im Kloster Steinfeld. Das dortige Westwerk der romanischen Basilika ziert ein Rundfenster, in das eine moderne Verglasung samt modernem Maßwerk eingelassen wurde: Es zeigt den brennenden Dornbusch mit den abgelegten Sandalen des Mose. Davon ist im Buch Exodus (Ex 3,1ff.) die Rede: „Komm nicht näher!“, sagte der Herr. „Zieh deine Schuhe aus, denn du stehst auf heiligem Boden.“ In Dülmen findet sich dieser Appell zur Ehrfurcht übrigens auf dem Gedenkstein am Alten Jüdischen Friedhof neben dem Lüdinghauser Tor, genauer: auf der bronzenen Platte von 1979 am Findling: „Der Ort, auf dem du stehst, ist heiliger Boden“ (Ex 3,5)

Hans Davidson, Enkel von Isidor Davidson, besitzt eine große Sammlung von Dokumenten und Fotos, die das Leben der Familie Davidson in Dülmen und in Zwolle dokumentieren. In der vergangenen Woche hat er uns einige seiner Archivalien zukommen lassen. Darunter befinden sich auch Familienfotos mit weiteren Personen, die Hans Davidson nicht zuordnen kann. Auch ob alle Fotos in Dülmen aufgenommen wurden, ist unklar.

Sollte jemand eine Person auf dem Foto erkennen, sind wir für Hinweise sehr dankbar. Schreiben Sie an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Ein altes textiles Schätzchen wird auf der Orgelbühne von St. Antonius in Merfeld aufbewahrt: eine Vortragefahne der „Marianischen Jungfrauenkongregation“ aus dem Jahr 1915. Das Bildmotiv auf der Schauseite der Fahne zeigt eine legendarische Szene, nach der Maria als Kind von ihren Eltern Joachim und Anna dem Tempelpriester von Jerusalem vorgestellt wird. Das früher in der katholischen Kirche bestehende Fest „Mariä Opferung“ oder „Darstellung Mariens im Tempel“ wurde mit der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils 1964 zum „Gedenktag Unserer Lieben Frau in Jerusalem“ (21. November) umgewidmet. Derursprüngliche Festinhalt bezog sich auf die im apokryphen Jakobusevangelium geschilderte Episode, nach der Maria von ihren Eltern für den Tempeldienst „dargebracht“ und symbolisch dem Hohenpriester überantwortet wurde. Die heutige Deutung nimmt den gedanklichen Bezug der „Wohnung“ Gottes auf dem Zionsberg (also dem Tempel mit der Bundeslade) zu der neuen „Wohnung“ des inkarnierten Jesus Christus „unter den Menschen“ auf. Demnach ist Maria etwa die „Lade des neuen Bundes“. Die Darstellung auf der Merfelder Kirchenfahne deutet im Hintergrund den „Tempelvorhang“ an, der nach neutestamentlicher Überlieferung in der Todesstunde Jesu am Kreuz zerriss (Mk 15,38): Der Blick auf das „Allerheiligste“ ist nicht länger nur dem Hohenpriester vorbehalten, sondern allen Menschen: „Dieser Mensch war Gottes Sohn“ (MK 15,39), bekennt der heidnische Hauptmann.

Fotos: Daniel Sommer

StViktor

Auf jüdische Spuren
in Dülmener Haushalten

Da sagte Jesus zu ihnen: Deswegen gleicht jeder Schriftgelehrte, der ein Jünger des Himmelreichs geworden ist, einem Hausherrn, der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorholt.“ (vgl. Mt 13,52) Fast jeder Mensch sammelt irgendwas – mehr oder weniger bewusst. Zumindest haben wir alle schon einmal irgendein Andenken aufbewahrt und halten es in Ehren. Im Folgenden werden zehn Dülmener Personen vorgestellt, die uns einen kleinen „Schatz“ aus dem Heiligen Land bzw. aus dem Judentum vorstellen. 

Menora

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Dr. Gerard Jentgens

Dr. Gerard Jentgens

Archäologe

Oberirdische Zeugnisse der über 1200jährigen Geschichte Dülmens sind durch den Zweiten Weltkrieg fast völlig ausgelöscht. Ganz anders aber verhält es sich mit dem archäologischen Bodenarchiv: Unter unseren Füßen liegt hier noch ein besonderer Schatz an Erinnerungen. Mit der geplanten Erinnerungsstätte an die Familie Pins bliebe erstmals in Dülmen ein Teil dieses unterirdischen Geschichtsbuchs dauerhaft sichtbar erhalten.